back  
english

Das Thema "Eisenbahn der Insel Usedom"

Das Thema rund um die Eisenbahn der Insel Usedom erscheint erzählenswert, weil es in schöner Landschaft und unmittelbarer Ostseenähe eine aus Gegensätzen bestehende Geschichte ist. So wurde nach einigem Hin- und Her und natürlich auch durch das militärische Interesse, den Marinehafen Swinemünde per Bahn erreichen zu können, die Teilstrecke Ducherow - Swinemünde errichtet. Ganz still, ohne Einweihungsfeier wurde sie 1876 eröffnet und nur zwei Jahre als Privatbahn betrieben. Danach ging sie in den Besitz der Preußischen Staatsbahn über. Erst 1894 folgte dann der Ausbau bis Heringsdorf und 1911 wurde sie um die Nebenstrecke bis Wolgaster Fähre erweitert.

Zentrales Bauwerk war die Brücke in Karnin, die die Bahn mit dem Festland verband. Tatsächlich gab es anfänglich auch Überlegungen, einen Bahndamm vom südlichen Ufer des Stettiner Haffs bis zur Insel Usedom zu bauen. Dieser wäre mindestens 8 km lang geworden. Er wurde nicht Realität, stattdessen wurde die Drehbrücke in Karnin gebaut.

Der tägliche Betrieb der Drehbrücke war für das Personal sehr beschwerlich, weil alles von Hand bedient werden musste. Zum Öffnen oder Schließen der Brücke wurde mit einem Ruderboot zum mittleren Brückenteil übergesetzt und dann per Seilwinde der schwenkbare Teil der Brücke von Hand bewegt. Als dann später beim zweigleisigen Ausbau der Strecke ein zweites schwenkbares Segment der Drehbrücke dazu kam, wurde die Mechanik der Brücke motorisiert.

Der ansteigende Zugverkehr auf der Strecke strapazierte die Drehbrücke übermäßig und eine Eigenheit der Brücke erschwerte den Betrieb zusätzlich. Die Drehbrücke verzog sich tagsüber durch einseitige Sonnenbestrahlung, so dass die Gleise beim Schließen um bis zu 2,5 cm nicht aneinander passten. Das Personal musste dann mit einer improvisierten Seilwinde das Gleis in die richtige Lage zwingen. Nicht zuletzt war es dieser Konstruktionsfehler, der den Bau einer neuen Brücke nahe legte. Deshalb wurde später die Hubbrücke errichtet, deren Konstruktion der des Schiffshebewerkes in Niederfinow gleicht.

Die Einweihung der Hubbrücke 1933 fiel in die Anfangszeit der faschistischen Diktatur in Deutschland. Die Funktion der Eisenbahn der Insel Usedom als Teil der Kriegsindustrie wird nun besonders deutlich. Der Bahnanschluss der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, die Errichtung des zugehörigen KZ in Karlshagen und die Einstellung des Personenverkehrs in den Kriegsjahren zeigen das.

In Distanz zu dieser Zeit haben wir uns für die Drehbrücke der 1920er Jahre entschieden, nicht für die Hubbrücke. Die zwanziger Jahre ließen im Vergleich zur Nazizeit noch Hoffnungen auf demokratischere Entwicklungen zu. Vieles wurde umgestaltet, änderte sich. Neues fand seinen Platz und die aufkeimende Weltoffenheit ließ in Städten wie Berlin Einflüsse aus anderen Kulturen zu.

Auch die Eisenbahn wurde reformiert und ab 1920 deutschlandweit verstaatlicht, der Fahrzeugpark vereinheitlicht und das Regelwerk der Bahn überarbeitet. Für Usedom bedeutete dies Einheitsdampfloks und einen zunehmend moderneren Wagenpark.

Zum Ende des zweiten Weltkriegs wurde dann die Hubbrücke in Karnin von der Wehrmacht gesprengt und dadurch die Eisenbahn der Insel isoliert. Als dann Swinemünde nach 1945 unter polnischer Verwaltung stand und die Strecke Ducherow - Swinemünde als Reparationsleistung in die Sowjetunion ging, wurde in Wolgaster Fähre zusätzlich eine Eisenbahnfähre eingerichtet, um die verbliebene Strecke auf der Insel von Ahlbeck bis Wolgaster Fähre mit dem Festland zu verbinden. Über diese Fähre wurden fahrplanmäßig keine Personenwaggons befördert. Sie wurde im normalen Tagesbetrieb nur für Güterwaggons benutzt.
Seit dem Jahr 2000 führt wieder ein Eisenbahngleis auf die Insel über die neu errichtete "Peenebrücke Wolgast".

Heute gibt es Pläne, die Strecke Ducherow - Swinemünde wieder aufzubauen. Im Bundesverkehrswegeplan von 2015 wurde das Projekt angemeldet.